PDC-Snippets

 Reaktion

Zur Ehrenrettung des formalen Ablaufs der PDC: Gerade hat die Organisation bekanntgegeben, man würde sich bemühen, auf das Feedback der Teilnehmer reagieren, die sich beschwert hätten, die Sessions seien so überfüllt. Als Abhilfe würden nun heute schon 14 Vorträge wiederholt und morgen weitere. Darüber hinaus erhielten alles TN eine DVD mit den Videos der 10 populärsten Sessions. (Die DVDs mit allen Session-Videos ist kostenpflichtig ($195 für Teilnehmer, wenn ich nicht irre).)

Feedback

Die PDC stellt nicht nur Technologien vor, sondern dient Microsoft auch als Forum, um Feedback einzusammeln. Insofern ist es auch interessant zu hören, wann öffentliches Feedback in Form von Applaus gegeben wird. 7500 Entwickler bei einer Keynote sind da natürlich etwas verhaltener als 200 in einer Breakout Session. Dennoch einige Beispiele ohne Ansehen des Auditoriumsgröße: Unerwartet wenig Applaus hat z.B. das in Whidbey wieder eingeführte Edit-Continue Debugging bekommen; viel Applaus bekamen dagegen eine coole Tablet PC Demo und eine neue einheitlichere Architektur für ADO.NET Managed Provider (mit der eine wirkliche generische Datenbankprogrammierung möglich wird).

Entwickler sind also doch nicht so leicht oder sicher zu begeistern, wie Microsoft es manchmal denkt. Sie mögen Cooles, Unerwartetes, sie wollen auch von Leiden erlöst werden (Managed Provider); sie applaudieren aber nicht, wenn sie etwas bekommen, was sie für selbstverständlich halten und was ihnen weggenommen wurde (Edit-Continue-Debugging). Entwickler haben also - entgegen allen Zuschreibung eines Zuviel an Rationalität in manchen Lebensbereichen :-) - eine ausgeprägte Gefühlslage. Microsoft tut also gut daran, die immer wieder, breit und so früh wie möglich in die Entwicklung einzubeziehen.

Anwendung

Die mit viel Applaus bedachte Tablet PC Anwendung

hat übrigens wirklich Erstaunliches geleistet. Der Screenshot zeigt einige von Hand eingegebene Formelschnipsel auf der linken Seite. Sie beschreiben das Flugverhalten eines Baseballs für eine Simulation. Auf der rechten Seite ist nun eine kleine Zeichnung eines Baseballspielers zu sehen mit einem Baseball (kleine Kreis). Die Anwendung hat dann möglich gemacht, den Baseball mit 2-3 Mausklick mit den Formeln zu animieren! Das elektronische Papier des Tablet-PC ist damit zum Leben erwacht. Toll!

Angstfreiheit

Was WinFX oder gerade auch ASP.NET 2.0 an Erleichterungen bringen werden, ist schon erstaunlich. Gerade bei ASP.NET Sessions war daher immer einmal wieder hier und da ein Unken zu hören, Programmierer würden ja in Zukunft arbeitslos. Wo bisher mit Leidensmiene 1000 Zeilen Infrastrukturcode mühsam entwickelt wurden, sind zukünftig in manchen Bereichen nur noch 2-3 Zeilen Code und ein wenig Deklaration nötig. Microsoft hat also versucht, wirklich zuzuhören und sinnvolle RAD-Funktionalität zu liefern.

Ist diese Furcht vor Arbeitslosigkeit aber wirklich begründet? Nein! Ich denke, alle Entwickler können ganz Angstfrei in die Zukunft schauen. Ihr Problem wird nicht sein, dass sie durch Wizards oder Case Tools arbeitslos werden. Im Gegenteil! Infrastrukturcode zu schreiben, war noch nie eine Tugend und hat immer vom Wesentlichen, der Geschäftslogik abgelenkt. Die ist deshalb oft zu kurz gekommen (im Hinblick auf Fehlerfreiheit, Umfang, Struktur usw.). Die gewonnene Zeit kann also zukünftig viel besser dort eingesetzt werden, wo der Anwender auch etwas davon hat. Darüber hinaus jedoch, wird es morgen schlichtweg noch mehr zu tun geben, weil die Zahl der "PCs" bzw. der Zielgeräte für Code, wie wir ihn heute schreiben, in den nächsten Jahren explodieren wird. Tablet PCs, PDAs, SmartPhones, SmartWatches und andere neue Form Factors werden den heutigen Desktop-PCs und Laptops zur Seite gestellt werden. Welche Chancen für neue Anwendungen sich damit ergeben, können wir heute wahrscheinlich noch gar nicht ermessen. Wir müssen diese Welt wohl erst auch ein wenig selbst erleben. Aber "always online" und "ubiquitous computing" wird kommen, daran zweifle ich nicht. Der Verkauf des SmartPhone SDK inkl. eines SmartPhone auf der PDC und das Interesse dafür (die Schlangen beim Verkauf waren immer lang) zeigen, dass es wirklich losgeht. Und die Programmierung eines solchen Nicht-PC Devices ist mit VS.NET 2003 denkbar simpel: Gerät auspacken, per Kabel an den PC anschließen, Emulator/SDK auf PC installieren, VS.NET öffnen, Smart Device Projekt in VS.NET anlegen, ein wenig kodieren - und am Ende mit F5 die Anwendung starten und gleich auf dem Device deployen. Fertig!

SmartPhone

Ich hab mir auch ein solches SmartPhone gegönnt:

Und es macht echt Laune, dafür Anwendungen so grundsätzlich einfach zu schreiben, wie für den Desktop. Ein paar Dinge können natürlich beim SDK noch verbessert werden. So liegt er z.B. noch nicht vollständig in Managed Code vor. Aber das wird sich schon bald ändern. In jedem Fall halte ich ein SmartPhone für eine bessere Investition als ein PDA. Der PDA hat zwar ein größeres Display, ist aber letztlich ein standalone Device (außer er wird mit einer wireless Netzwerkkarte nachgerüstet). Mit einem SmartPhone bekommt man aber sofort zumindest erstmal die normale Handy-Funktionalität: telefonieren (TriBand!), SMS, Telefonbuch. Darüber hinaus: Kalender, "echte" Kontakte, Synchronisation mit Outlook, ein kleiner IE, den Windows Media Player (MP3s hören ist kein Problem) und ein ganzes vertrautes Betriebssystem - das sich dann auch noch voll mit C# oder VB.NET programmieren lässt. Das ist einfach cool. Nein, das ist am Ende sogar nützlich. Denn ein Handy ist der WebService-Client par excellance! (Jetzt fehlen nur noch die WebService-Angebote, z.B. von bahn.de, dict.leo.org, telefontarife.de und vielen, vielen anderen.)

Ich würde also sagen: Bei der Anwendungsentwicklung sollten wir alle zukünftig einen etwas weiteren Blick haben. Nicht nur in hausbackenen Desktopkategorien denken und schon Heldengefühle bekommen, wenn man sich traut, an Komponenten oder gar Verteilung zu denken. Nein, wir sollten alle bei jeder Anwendung ausloten, inwiefern unsere Anwender noch mehr Nutzen durch andere Devices bekommen können, z.B.

  • Der Chef der Baufirma macht auf Baustelle ein Aufmaß mit einem SmartPhone oder PDA und überträgt es sofort per WebService ins Büro (oder lädt es später über ActiveSync auf seinen Desktop-PC).
  • Der Taxifahrer braucht kein Spezialendgerät mehr für die Nachrichten aus der Zentrale, sondern kann sie auf seinem SmartPhone in Schrift und sogar Bild (Karte) empfangen.
  • Per SmartPhone den nächsten Standort eines Call-a-Bike erfragen und auf einer Karte sehen.
  • Per SmartPhone Routendaten an Kuriere übermitteln oder Prozessdaten mit einem PDA erfassen.
  • usw. usf.

Gerade die einfache Connectivity eines SmartPhone eröffnet ganz neue Konzepte, die mit PDAs bisher nicht oder nur schwer zu realisieren gewesen wären/sind. Bei SmartPhones müssen Daten endlich nicht mehr unbedingt auf dem Device liegen, sondern können im Internet zentral gehalten werden. Damit ist der Datenumfang nicht mehr vom Speicher der Devices abhängig. Letztlich bringt das SmartPhone endlich das zusammen, was mehr oder weniger gut bereits vorhanden war: PC in Handtellergröße (PDA), mobile Telefonie (Handy), mobiles Internet (WAP).

Aber genug! Ich komme wohl ins Schwärmen :-)

2 Comments

  • "Unerwartet wenig Applaus hat z.B. das in Whidbey wieder eingeführte Edit-Continue Debugging bekommen"



    Sehe ich nicht so: Auf den etwas spezielleren Sessions, wo es um die neuen VB.NET Features ging, gab es wilden Applaus für Edit-And-Continue!



    Neno

  • Na, soll mich freuen. Man kann halt leider nicht in allen Sessions sitzen. Mein Kommentar bezog sich auf die Keynote - und dort haben offensichtlich dieselben Leute, die später wild applaudiert haben, entweder gefehlt, noch geschlummert, es übersehen, sich nicht getraut - oder später ihre Meinung geändert :-)

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