Das komplette Gegenteil
Gerade habe ich Clemens Vasters' Blog Eintrag vom 24. Juni gelesen und erlaube mir einfach mal zu sagen: Ich empfinde genau das Gegenteil :-)
Clemens sagt I start to think that these types of talks [er meint Vorträge über Konzepte statt Technologien] just make more sense to conference attendees than "coding sessions" und ich behaupte einfach mal: Nein, Konferenzen brauchen mehr Code und weniger Slides, mehr Code und weniger Erklärungen. Denn es stimmt everyone can pick up a "how-to" book, [and] read the reference material, aber eben nicht jeder hat die Muße to poke around in samples at home!
Entwickler wollen eben nicht das Gelesene ausprobieren, sondern sehen wie es geht. Sie wollen Technologien in der Anwendung (!) demonstriert bekommen, in halbwegs vollständigen und realitätsnahen Szenarien. Und das leistet weder ein konzeptioneller Talk, noch einer der bisher üblichen "code a little, ppt a little" Vorträge.
Entwickler fordern heute (mehr als früher) weniger Erklärung von Technologien an sich, sondern vielmehr den Beweis ihres sinnvollen Einsatzes. Gerade mein letzter TechTalk und die ASP.NET Konferenz haben mir das wieder bestätigt. Meine "no slides, just code" Talks haben sehr gutes Feedback bekommen. Very bad, there was no demo stand jedenfalls nicht in den Feedbackbögen :-)
Allerdings: Vorträge, in denen nur Codiert wird, sind aufwändiger vorzubereiten und auch fordernder bei der Durchführung für Sprecher und Publikum. Dem Publikum bieten sie angesichts von Bücherbergen mit Titeln wie "Advanced XYZ" oder "Insider ABC" oder "QWRTZ for Dummies" einen Mehrwert, den sie nicht durch Lesen erhalten: Technologien werden im Zusammenhang vorgestellt und mit der emotionalen Atmosphäre einer Live-Performance verknüpft. Damit lohnt sich plötzlich eine Anwesenheit bei einem Event wieder mehr.
An ideal conference inspires ist auch meine Meinung. Die Inspiration kann und soll aber auf zwei Ebenen stattfinden: sachlicher und emotionaler. Eine Inspiration in und zur Sache kann (und soll) auch eine Live-Coding-Vortrag liefern (eben weil er sonst nie gezeigte Zusammenhänge herstellt). Und die emotionale Inspiration stellt sich (hoffentlich) ein, weil bei einem Vortrag mit viel Code die Konzentration bei den Teilnehmern höher ist, das Engagement des Sprechers größer sein muss und sich somit eher ein "Flow Erlebnis" einstellt.
Aber nichts für ungut, Clemens :-) Am Ende bin ich auch (!) seiner Meinung: Mehr konzeptionelle Vorträge tun ebenfalls Not. Denn Technologien nützen nichts, wenn man die Grundlagen, die Hintergründe, die Konzepte nicht versteht. Und das kommt in vielen Vorträgen heute zu kurz. Bei Erkenntnis eines Konzeptes fallen plötzlich viele Technologiepuzzlesteine an ihre Plätze, ein Aha-Erlebnis stellt sich ein, Inspiration durch vertieftes Verständnis ist das Resultat.
Insofern: Allemal Clemens und ich - und auch die anderen Microsoft Regional Directors -, wir sollten uns aufgerufen fühlen, neue Präsentationsformen den eingefahrenen Stilen entgegen zu setzen. An beiden Enden des Codemengenspektrums :-)
Clemens' konzeptionelle Vorträge, "no slides, just code" und auch die Developer LAN Party von Christof Sprenger und mir sind Versuche in dieser Richtung. Ich/wir bin/sind gespannt auf das Feedback aus der Community.